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Von Innen nach Außen


Du hast das Trinken nicht verursacht,

Du kannst das Trinken nicht kontrollieren,

und Du kannst es definitiv nicht heilen.




Man kann im Außen nichts finden, was eine innere Leere nachhaltig zu füllen vermag. Niemand kann seinen Ängsten, seinem Mangel, oder den Dämonen der Vergangenheit Herr werden, indem er Farbe über die bröckelnde Fassade pinselt. Hat ein Mensch beispielsweise einen geringen Selbstwert, wird kein teurer Fuhrpark in der Garage, keine Schönheits - OP, und kein Partner daran etwas ändern. So verhält es sich auch bei Alkoholismus und Co - Abhängigkeit. Der Weg aus dem Suchtsystem, hinaus aus der zerstörerischen Sackgasse, verläuft von INNEN nach AUßEN, und niemals umgekehrt.


Ich erlebte in meinem sehr engen Umfeld zwei Alkoholiker, deren Leben weitab von Plattenbauten und Discountern stattfand. Von außen betrachtet schien alles perfekt. Aber wie bereits gesagt, ist Alkoholismus eine Krankheit, die man nicht von außen nach innen in den Griff bekommt, und die nicht ausbricht, weil man asozial ist, oder ein Leben unter schweren Bedingungen führt. Es ist keine Krankheit die einen heimsucht, weil man offensichtlich allen Grund hat sich sinnlos zu besaufen. Das bedeutet im Umkehrschluss, man bleibt nicht von einer Alkoholkonsumstörung verschont, weil die Umstände vermeintlich keine Wünsche offen lassen, wie man auch an etlichen prominenten Beispielen sehen kann. Es geht nicht um beruflichen Erfolg, gutes Aussehen, Ruhm, Bildung oder Reichtum.


Der einzige Grund, warum ein Alkoholiker trinkt, ist immer der gleiche: Angst. Diese Angst könnte man auch als seelische Obdachlosigkeit bezeichnen, die sich, ausnahmslos durch alle sozialen Schichten zieht.


Wer die chronische Krankheit Alkoholismus in den Griff bekommen möchte, wer es schaffen möchte trocken zu leben, muß genau dort ansetzen: ganz tief drinnen, wo der Schmerz sitzt, die Ängste, der Mangel, und die Leere, die nüchtern nur schwer zu ertragen ist.


Bei einem alkoholkranken Menschen geht es vielmehr um den Zustand seines Inneren, als um die sichtbaren Rahmenbedingungen seines Lebens.


Ich dachte während meiner Co - Abhängigkeit, ein alkoholfreier Arbeitsplatz für meinen damaligen Partner sei die Lösung. Heute weiß ich, daß solch eine Maßnahme die Nüchternheit sicherlich unterstützen, sie aber niemals herbeiführen kann. Du kannst als Angehöriger den Alkohol verstecken, selber nur noch heimlich, oder aus Rücksicht gar nicht mehr trinken, Du kannst unangenehme Nachrichten abfangen, Rechnungen übernehmen, Deine Bedürfnisse wie selbstverständlich unter die des Alkoholkranken stellen, ihn mit Zuspruch, Anerkennung, Verständnis und Liebe überhäufen, doch all das nützt nachhaltig rein gar nichts, wenn der Betroffene selber nicht von Innen nach Außen an seiner Umkehr/Heilung/Nüchternheit arbeitet.

Ernsthaft daran arbeitet!


So bombastisch glattgebügelt und komfortabel die Umstände auch frisiert sein mögen, werden sie, ohne das passende Gegenstück im Inneren eines Alkoholkranken, nichts weiter, als kurze Momente, absehbar wieder verpuffender Normalität begünstigen.


Vielleicht erlebt man einen tollen Urlaub ohne größere alkoholbedingte Dramen, sogar eine gute Phase, oder ein richtig romantisches Wochenende, aber diese Episoden des Glücks haben ein sehr kurzes Verfallsdatum, wenn die eigentliche Arbeit nicht getan wird.


Ich persönlich war sehr lange davon überzeugt, daß ich durch das Aufräumen im „Aussen“ verhindern könnte, dass T. trinkt. Ich dachte tatsächlich, daß er gesund wird, wenn ich ihn glücklich mache. Mir war damals nicht klar, daß jeder sein Glück selber finden, und in der Lage sein muß, es in sich fühlen zu können, und zwar nicht nur dann, wenn uns jemand sagt daß er uns liebt, die Sonne scheint, das Traumhaus fertig, oder endlich Wochenende ist. Deshalb wird ein Alkoholiker, solange er lediglich mit „Heftpflastern" arbeitet, auch immer weiter trinken, ganz egal was das Bankkonto, die Karriere oder das Familienleben sagt, ob die Umstände rosig, oder düster sind.


Es geht nicht darum, durch Kompensieren die Fragen zu vergessen, sondern darum, die Antworten zu finden. Alles Tun im Außen kann nicht mehr, als eine unterstützende Maßnahme, und nicht der Ersatz dafür sein, den Geist des Alkohols, durch einen anderen Geist zu ersetzen.


„Spiritus contra spiritum.“ Carl Gustav Jung


Der einzige Weg für einen alkoholkranken Menschen hier rauszukommen, ist reinzugehen, mitten in den Schmerz, und blockierende Glaubenssätze, wie „Ich bin nicht gut genug“, „Ich bin nicht liebenswert", „Ich muß immer stark sein“, „Ich bin ein Versager", aufzulösen. Er kommt nicht umhin irgendwann hinzusehen, dort wo es richtig weh tut, und hat die herausfordernde Aufgabe es auszuhalten, ohne sich zu betäuben, oder in irgendeiner Art zu kompensieren. Kein Mensch kann vor seinen Dämonen davon laufen, oder sich vor ihnen verstecken. Man muß ihnen irgendwann in die Augen blicken und sie entwaffnen, um sie ein für alle Mal loszuwerden.

Der Alkoholkranke muß lernen, in schwierigen Situationen, wenn ihm der Wind eiskalt entgegen bläst, die Segel richtig zu setzen, anstatt sich mit Alkohol abzulenken und zu betäuben.


Menschen, die Spaß mit wahrem Glück verwechseln, lassen sich gerne von der Suche nach dem Kick in die Irre führen. Man fühlt sich gut wenn man den Sportwagen gekauft, oder ein tolles Date hatte, wenn die Designertasche endlich am eigenen Arm baumelt, oder man die Wirkung des Alkohols spürt.


Doch all das ist nicht mehr, als ein kurzfristiges Vergnügen, daß man nicht mit wahrhaftiger, seelischer Zufriedenheit verwechseln sollte, die einem auch in turbulenten Zeiten ein stabiles Fundament bietet, auf dem man sicher stehen kann.


Hinzu kommen die tief sitzenden Ängste, die häufig nicht einmal real sind! Sie existieren lediglich in unserem Kopf, und vermögen dennoch so oft, uns in die Knie zu zwingen.


Der Alkoholiker greift in diesem Fall zu seinem „Allheilmittel“ Alkohol, bei deren Konsum es schon lange nicht mehr um den Genuss, sondern um die Wirkung geht.


Inkompatible Gefühle, unschöne Erlebnisse, Ängste und Probleme sollen weich-, oder noch besser, ganz weggespült werden. Ein alkoholkranker Mensch spürt durch dieses „Motiv“ eine andere Art der Befriedigung wenn er trinkt, und benötigt mit der Zeit immer größere Mengen seines Stoffs, um den Zustand dieser erleichternden Euphorie zu erlangen. Irgendwann verliert er komplett die Kontrolle über seinen Konsum, und der Alkohol übernimmt das Steuer. Findet ein Betroffener den Exit aus dieser Teufelsspirale nicht, dreht sich irgendwann alles nur noch um die Flasche, und er oder sie, verwandelt sich mit der Zeit bis zur Unkenntlichkeit, und wird irgendwann zu einem Menschen, der sein Leben nicht mehr meistern kann, und in seiner Persönlichkeit unschöne Züge entwickelt. Aber wir dürfen nicht dem Irrtum erliegen, daß ein Mensch, der diesen Zustand erreicht hat, in dem er Abscheu und Verachtung in uns hervorruft, von Haus aus eine gescheiterte Existenz mit einem unangenehmen Wesen war. Denn dieser Mensch kann, wie schon gesagt, wirklich überall herkommen. Möglicherweise hatte sein Leben schon von Kindheit an erschwerte Rahmen - Bedingungen, oder sein Charakter war auch schon ohne Alkohol mies und abgründig, aber er kann ebenso der cleverste, erfolgreichste, liebenswerteste, großzügigste, kreativste, humorvollste Mensch gewesen sein, dem alle Möglichkeiten für das schönste Bilderbuchleben geschenkt waren, bevor ihn der Alkoholismus gebrochen hat.


Manch einer begreift irgendwann worum es geht, sieht der Wahrheit und seinen Ängsten in die Augen, bekommt die Kurve, und schafft die Umkehr zu einem nüchternen und selbstbestimmten Leben. Aber es gibt auch Menschen, die nicht „aufwachen“.


Der so wichtige Shift von Angst, zu Liebe und Vertrauen beginnt immer mit der Veränderung des eigenen Bewusstseins. Es geht darum, egal wie aussichtslos und verfahren alles scheint, sich für den Gedanken zu öffnen, daß es eine Alternative zu Deiner aktuellen Realität gibt! Das gilt für den Alkoholiker genau so, wie für den Co - Abhängigen.


Du kannst Dich entscheiden, ob Du der Angst weiterhin folgst, und an Deinem realen Unglück, verpackt in Vorwürfen, Ausreden, und einer hübschen Blase zukünftiger Wunschvorstellung festhalten möchtest, oder stattdessen damit beginnst, ein tatsächlich realisierbares Glück für die Gegenwart zu erschaffen, anstatt weiterhin Farbe über die bröckelnde Fassade zu pinseln.


"Das Ziel unseres Lebens besteht darin zu erwachen.

Ganz einfach."


Eckhart Tolle




Byebye Co - Abhängigkeit!

Alles Liebe,

Julia






































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